Das Consiglio di Stato hat am 19. April 2011 in seiner Funktion als oberstes italienisches Verwaltungsgericht den Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Artikel 267 AEUV angerufen. Es ersucht um Vorabentscheidung über die Auslegung des Urteils Coditel-Brabant C-324/07 zur weiteren Beurteilung der Rechtssache Concord s.p.a. v die Gemeinden Cagno und Varese (C-182/11, C-183/11). Konkret gilt es zu klären, ob bei Beteiligung einer weiteren Kommune an einer bestehenden kommunalen Funktionsgesellschaft mittels Übernahme einer einzelnen Aktie ein In-house-Verhältnis vorliegen kann.
Die Gemeinde Cagno hat sich als öffentlicher Anteilseigner an ASPEM, einer öffentlichen Funktionsgesellschaft Vareses, beteiligt. Diese soll aus Gründen der ökonomischen Effizienz und ökologischen Nachhaltigkeit auch die Verwaltung des städtischen Gesundheitsdienstes in Cagno übernehmen. Es hat dafür keine öffentliche Ausschreibung stattgefunden, da aus Sicht der Gemeinden die Voraussetzungen eines In-house-Organisationsmodells gegeben sind. Der Kläger Econord s.p.a. hat die Beschlüsse wegen Verletzung des Wettbewerbsgrundsatzes angefochten.
Der EuGH hat im Urteil Teckal C-107/98 die Voraussetzungen für die unmittelbare Übertragung öffentlicher Dienstleistungen ermittelt – insbesondere das hier strittige Kriterium der analogen Kontrolle. Diesbezüglich kamen die RichterInnen im Urteil Coditel-Brabant zu dem Schluss, dass im Falle einer öffentlichen Kapitalgesellschaft, die im Besitz einer Vielzahl von Gebietskörperschaften steht, die Kontrolle lediglich gemeinsam ausgeübt werden müsse. Eine Forderung nach individueller Kontrolle jeder beteiligten Stelle würde in den meisten Fällen öffentlich-öffentlicher Kooperationen eine Ausschreibung erfordern.
Der VÖWG geht daher vom Vorliegen eines In-house-Verhältnisses aus und verweist zudem auf die Rechtssache C-480/06, in dem der EuGH u. a. argumentierte, dass das europäische Recht für derartige Zusammenschlüsse gar keine bestimmte Rechtsform vorgibt. Weiterführende Informationen finden Sie hier.