Die EU-Kommission (EK) hat am 20. Juli 2016 ein umfassendes Paket zur Verringerung von Treibhausgasemissionen in allen nicht-Emissionshandelssektoren (nicht-EHS-Sektoren) veröffentlicht. Das Paket enthält neben einer begleitenden Mitteilung zur Beschleunigung des Übergangs Europas zu einer CO2-armen Wirtschaft 1.) den Vorschlag einer Verordnung zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen (THG) im Zeitraum 2021-2030 zwecks Schaffung einer krisenfesten Energieunion und Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für die Überwachung von Treibhausgasemissionen sowie für die Berichterstattung über diese Emissionen und über andere klimaschutzrelevante Informationen; 2.) eine Mitteilung der Kommission an das EU-Parlament, den Rat, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über eine europäische Strategie für emissionsarme Mobilität sowie 3.) einen Vorschlag für eine Verordnung des EU-Parlaments und des Rates über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) in den Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 und zur Änderung der Verordnung Nr. 525/2013 des EU-Parlaments und des Rates über ein System für die Überwachung von Treibhausgasemissionen sowie für die Berichterstattung über diese Emissionen und über andere klimaschutzrelevante Informationen. Die Mitteilung und die Legislativvorschläge werden jeweils von einem Impact Assessment zur Folgenabschätzung begleitet.
Österreichisches Treibhausgasreduktionsziel
Die EK gibt den Mitgliedstaaten damit Leitprinzipien und verbindliche nationale Jahresziele für die THG-Reduktion in den Branchen Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Abfälle, Landnutzung und Forstwirtschaft für den Zeitraum 2021-2030 vor. Die dafür notwendigen Maßnahmen zur Emissionsreduktion können die EU-Staaten jedoch selbst wählen. Die Höhe der nationalen Reduktionsziele orientiert sich v.a. an der Wirtschaftsleistung der einzelnen Mitgliedstaaten. Österreich muss demnach seine THG-Emissionen um 36% gegenüber seinem Emissionsniveau 2005 senken. Ebenso liegen die nationalen Ziele Schwedens, Luxemburgs, Finnlands, Dänemarks, Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs zwischen 37 und 40%. Bereits 2014 gaben die europäischen Staats- und Regierungschefs eine klare Zusage für ein ambitioniertes THG-Reduktionsziel für die Zeit nach 2020 ab, das durch das Klimaschutzabkommen im Paris 2015 untermauert wurde. Zusammen mit der Reform des europäischen Emissionshandelssystems, das der Energiewirtschaft und der Industrie ein Reduktionsziel von insgesamt 43% auferlegt hat, adressiert die EU-Kommission Anstrengungen in kohlenstoffarme Technologien und Dienstleistungen in allen anderen Wirtschaftsbereichen. Die Kommission hat angekündigt, zunächst mit dem Aktionsplan für emissionsarme Mobilität zu starten, um die übrigen Initiativen zeitnah vorzulegen. Bis Ende des Jahres plant die EK Initiativen in den Bereichen Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energiebinnenmarkt als zentrale Bausteine der europäischen Energieunion.
Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft
Der Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft spielt in der Klimapolitik eine besondere Rolle. Denn der Sektor trägt nicht nur maßgeblich zum THG-Ausstoß bei, sondern hat das Potential, der Atmosphäre auch CO2 zu entziehen. Wenn mehr Wald aufgeforstet als gerodet wird, kann dem Kohlenstoffkreislauf eine Nettomenge CO2 entzogen werden, die sonst zur Klimaerwärmung beitragen würde. Dasselbe gilt für nachhaltige klimaschonende Praktiken in der Landwirtschaft. Bisher waren Emissionsreduktionen in den Sektoren LULUCF nicht direkt durch die EU-Gesetzgebung geregelt. Die Mitgliedsstaaten verfolgten bis dato individuelle Emissionsreduktionsverpflichtungen, die sich aus dem ratifizierten Kyoto-Protokoll ergeben haben. Der nun von der EK vorgelegte Vorschlag für eine Verordnung über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus LULUCF (LULUCF-Verordnung) bringt mehrere potentielle Vorteile. Durch die sogenannte „no-debit rule“ werden Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, alle Emissionen die z.B. durch Rodung von Wäldern oder anderen Änderungen der Landnutzungsform entstehen, zu kompensieren. Darüber hinaus können sich Mitgliedstaaten CO2 Einsparungen aus dem LULUCF Bereich erstmals auch auf ihre Emissionsreduktionsverpflichtungen aus anderen nicht-EHS-Sektoren anrechnen lassen. Zudem können sie im Fall einer Übererfüllung, CO2-Einsparungen mit anderen Mitgliedsstaaten handeln. Dies bringt auch potentielle Vorteile für Österreich, da die Waldfläche in den letzten Jahren gewachsen ist, die Alpenrepublik aber gleichzeitig in anderen nicht-EHS-Sektoren seine Reduktionsziele nur durch Zukäufe von Emissionsrechten erreichen konnte. Durch den Vorschlag der Kommission wird auch erstmals eine einheitliche und transparente Berechnungsgrundlage für Emissionsreduktionen aus LULUCF eingeführt, die Reduktionen überprüf- und vergleichbar machen.
Sektor Verkehr
Ein Viertel der THG-Emissionen in Europa werden durch den Verkehr verursacht. In der am 20. Juli 2016 veröffentlichten Mitteilung der EK für eine europäische Strategie für emissionsarme Mobilität, wurde eine Sammlung an Vorschlägen, Initiativen und Strategien präsentiert, die noch keine bindende Wirkung für die Mitgliedsstaaten haben. Neben einer Drosselung der CO2-Emissionen von Lastkraftwägen und Stadt- und Fernbussen arbeitet die Europäische Kommission auch an einem weltweit implementierbaren System zur Sammlung und Messung von CO2-Emission in der Luft- und Schifffahrt. Grundsätzlich fußt die Mobilitätsstrategie auf drei Hauptansatzpunkten:
1.) Optimierung des Verkehrssystems und Erhöhung seiner Effizienz: Die EK ruft in ihrer Mitteilung unter anderem zur Nutzung digitaler Technologien auf. Eine Integration dieser Technologien würde das Transportsystem europaweit effizienter gestalten und zur Schaffung eines transeuropäischen Verkehrsnetzes beitragen. In diesem Zusammenhang unterstreicht die EK die wichtige Rolle des öffentlichen Personenverkehrs. Die EK schlägt in ihrem Strategiepapier eine transparente Preisgestaltung unter Einbeziehung externer Kosten vor. Damit möchte sie Anreize für energieeffiziente Verkehrsleistungen, die Nutzung emissionsarmer Energieträger und eine zügige Erneuerung des Fahrzeugbestands schaffen.
2.) Verstärkter Einsatz emissionsarmer alternativer Energieträger: Einen weiteren Schwerpunkt der Mobilitätsstrategie stellt die rasche Entwicklung alternativer (erneuerbarer) Treibstoffe und Antriebssysteme dar. Die EK zählt zu diesen Biotreibstoffe, Elektrizität, Wasserstoff und erneuerbare synthetische Treibstoffe. Zusätzlich sollen auch Barrieren der Elektrifizierung des Verkehrs abgebaut werden, indem beispielsweise die Lade- und Warteinfrastruktur für E-Fahrzeuge weiter ausgebaut wird. Um die Größe des Binnenmarktes in vollem Umfang nutzen zu können, schreibt die EK den Punkten Normung und Interoperabilität eine wesentliche Bedeutung zu. Vor allem im Bereich der Elektromobilität sei es notwendig, etwaige Hindernisse für einen flächendeckenden Ausbau des Ladenetzes zu beseitigen und einen EU-weiten Dienstleistungsmarkt für Elektromobilität zu fördern.
3.) Übergang zu emissionsfreien Fahrzeugen: Außerdem soll möglichst schnell der zukunftsweisende Schritt Richtung Niedrig- und Null-Emissions-Fahrzeuge gesetzt werden. Dieses Vorhaben muss auf allen Ebenen der Politikgestaltung unterstützt werden, um Hersteller und Nutzer gleichermaßen einzubeziehen.