Sicherheitsmanagement für die Straßenverkehrsinfrastruktur

Europäische Kommission

Am 17.05.2018 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2008/96/EG über ein Sicherheitsmanagement für die Straßenverkehrsinfrastruktur erlassen.

Ziel des EK-Vorschlags ist die Verringerung der Zahl von Verkehrstoten und schweren Verletzungen im Straßennetz der EU durch die Verbesserung der Sicherheitsleistung der Straßeninfrastruktur. Der EK-Vorschlag sieht unter anderem eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie über das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-T) hinaus auf Autobahnen und Hauptstraßen außerhalb des Netzes sowie auf alle Straßen außerhalb von städtischen Gebieten, die ganz oder teilweise aus EU-Mitteln gebaut werden, vor.

Europäisches Parlament

Im Europäischen Parlament liegen der Berichtsentwurf der Berichterstatterin sowie alle im zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments eingebrachten Amendments zum Vorschlag zur Änderung der Richtlinie vor.

Es ist erkennbar, dass sich viele Abgeordnete für eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie aussprechen und weitgehendere Forderungen, als im ursprünglichen Bericht der Kommission, einbringen.
Trotz intensiver Bemühungen seitens des VÖWG, den innerstädtischen Bereich aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie auszunehmen, sehen mehrere eingebrachte Änderungsanträge eine Einbeziehung des innerstädtischen Bereichs in den Anwendungsbereich der Richtlinie vor. Auch die Einbeziehung von Landstraßen in den Anwendungsbereich wird vorgesehen.
Wenn der innerstädtische Bereich von der Richtlinie betroffen ist, kann dies zu erheblichen Mehrkosten führen.

Weitere eingebrachte Änderungsanträge schlagen vor, Eisenbahnkreuzungen in den Anwendungsbereich der Richtlinie aufzunehmen. Neben „fehlerverzeihenden“ Straßenrändern und selbst erklärenden Straßen wird ein besonderer Fokus auf die Infrastruktur von FußgängerInnen und RadfahrerInnen gelegt. Einige Änderungsanträge sehen die Einbeziehung von Brücken und Tunnel in den Anwendungsbereich der Richtlinie vor. Ebenso befindet sich die Einbeziehung von Parkplätzen in den Änderungsanträgen.

Die Abstimmung im TRAN-Ausschuss des Europäischen Parlaments zu den eingebrachten Änderungsanträgen findet voraussichtlich am 3. Dezember 2018 statt.

Die Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments wird voraussichtlich im Dezember 2018 oder im Jänner 2019 stattfinden.

Rat

Im Gegensatz zum Parlament sehen die Entwicklungen im Rat keine derartigen Ausweitungen des Anwendungsbereichs der RL vor.

Der Richtlinienentwurf ist in der Ratsarbeitsgruppe Landverkehr zwischen den Mitgliedsstaaten und der Europäischen Kommission (EK) diskutiert worden. Die letzte Sitzung fand am 12.11.2018 statt. Das Ergebnis der Ratsarbeitsgruppe ist der „General Approach“ der auch Zustimmung fand.
Der „General Approach“ wurde am 23.11.2018 im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (AStV) im Beisein der EK einstimmig angenommen.
Anfang Dezember (03.12.-04.12.) wird der endgültige Vorschlag über die RL im TTE – Rat (Rat für Verkehr, Telekommunikation und Energie) diskutiert und das Ergebnis präsentiert.

Die Änderung der Richtlinie 2008/96/EG beinhaltet die Einführung nachfolgender wesentlicher Elemente und Bestimmungen:

1.  Erweiterung des Anwendungsbereiches der Richtlinie
Der Anwendungsbereich der neuen RL umfasst folgende Straßenkategorien:

  • TEN-T (Umfang der aktuell gültigen RL, AT ca. 1800km)
  • Autobahnen (ca. 500 km zusätzlich)
  • Fernstraßen („primary roads“, Straßen zwischen großen Städten („major cities“) und großen Regionen) durch Mitgliedsstaaten bestimmt und
  • Straßen sowie Straßeninfrastrukturprojekte außerhalb städtischer Gebiete, die mit Mitteln der EU finanziert sind.

2.  Netzweite Straßenbewertung im Anwendungsbereich der RL
In neuem nicht verpflichtenden Anhang III (Indikative Elemente der netzweiten Straßenbewertung)  berücksichtigt.

3. Straßensicherheitsprüfungen im Anwendungsbereich der RL
In neuem nicht verpflichtenden Anhang IIa (Indikative Elemente der gezielten Straßensicherheitsüberprüfung) berücksichtigt.

4.  Ungeschützte Verkehrsteilnehmer
Berücksichtigt in der netzweiten Straßenbewertung und den Straßensicherheitsüberprüfungen.

5.  Fahrbahnmarkierungen und Verkehrszeichen im Anwendungsbereich der RL
Es werden keine allgemeinen Leistungsanforderungen mehr angeführt und gefordert. Die Kommission sieht vor, einen Bericht mit den Fachexperten der Mitgliedstaaten 3 Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie zu erstellen. Der Inhalt des Berichts umfasst u.a. Einfluss des Wetters, Entwicklung der Normung  und technischen Fortschritt.

Tunnels länger als 500m sind in der RL 2004/54/EG geregelt. Zukünftig werden gemeinsame Inspektionen im Vorportalbereich (alle 6 Jahre) durchgeführt. Der Umfang und die Zuständigkeiten der Überprüfung werden noch festgelegt.
Des Weiteren lässt sich festhalten, dass sich Brücken nicht im Anwendungsbereich der RL befinden, sondern in anderen Normen und Richtlinien geregelt sind.

Da sich die Position des Europäischen Parlaments und des Rats in einigen wesentlichen Punkten unterscheiden, werden voraussichtlich nicht alle vom Rat eingenommenen Positionen in der derzeitigen Form umgesetzt werden.

Foto: Petra Bork  / pixelio.de